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9. Berliner Lymphologisches Symposium

Erstes Online-Symposium von Juzo.

Zum ersten Mal in der Geschichte aller Symposien von Juzo fand das 9. Berliner Lymphologische Symposium Anfang September digital statt. Dadurch war dieses Mal Vieles anders. Als ein wesentlicher Teil des Hygienekonzeptes waren die Teilnehmer via Livestream zugeschaltet. Auf der Veranstaltung wurden von Referenten, Betreuern und Technikern Mund-Nase-Masken getragen, die Sicherheitsabstände eingehalten und alle Hygienerichtlinien beachtet.  

Das gesamte Team und  wissenschaftliche Leiterin Frau Dr. med. Anett Reißhauer, Leitung Arbeitsbereich Physikalische Medizin und Rehabilitation an der Charité Berlin, freuten sich sowohl über zahlreiche Teilnehmer aus Deutschland als auch aus 18 weiteren Ländern weltweit und dem daraus entstehenden internationalen Netzwerk. So hat die pandemiebedingte Veranstaltungssituation durchaus neue, sehr positive Perspektiven eröffnet. Gerade in Zeiten wie diesen sei dies von besonderer Bedeutung, so Frau Dr. Reißhauer. 

Mit dem Titel „Die Therapie – Studien, Konzepte und Blick in die Zukunft“ war die Veranstaltung breit gefächert. Die Vorträge boten viele und vor allem neue Einblicke in die Behandlung von Ödemen und  beleuchteten das Thema aus verschiedenen Perspektiven. Gut genutzt wurde auch die Möglichkeit, sich online via Chat auszutauschen, Fragen zu stellen und zu diskutieren.   

Prof. Dr. med. Dieter Blottner, Berlin, eröffnete die Vortragsreihe mit dem Thema Lymphologie trifft auf Weltraummedizin.  
Um körperliche Veränderungen von Astronauten im All erklären zu können, sei es notwendig, die Flüssigkeitsverschiebung im Körper in der Schwerelosigkeit zu erforschen. 
Aktuelle Studien hätten gezeigt, dass Veränderungen auch im Kopf von Astronauten stattfinden würden. Diese seien nicht nur schlecht abfließende Lymphflüssigkeit, sondern auch Veränderungen im Gehirn - von struktureller Art, in Gedankenvorgängen bis hin zu allgemeinen Funktionen.  Des Weiteren hätten einige Astronauten Sehstörungen beklagt, die vermutlich durch einen Lymphstau im Bereich des Sehnerven, verursacht würden.  Dies seien Beispiele um zu verdeutlichen, wie wichtig eine Lymphdrainage sei, insbesondere auch für das zentrale Nervensystem. Prof. Dr. med. Dieter Blottner beendete seinen Brückenschlag von der Lymphologie zur Weltraummedizin mit einem Ausblick auf die mögliche Verwendung von Gesichtskompression bei Astronauten in der Schwerelosigkeit. 

Plastische Chirurgie im Rahmen der Lymphödem-Therapie – Eine Möglichkeit? Dieser Frage ging Prof. Dr. med. Manfred Infanger, Magdeburg, nach. 
Er verdeutlichte in seinem Vortrag anschaulich, dass beim primären Lymphödem dem Patienten nur in ausgewählten Fällen chirurgisch geholfen werden könne. Das Gebiet der Chirurgie sei hierbei das der sekundären Lymphödeme.  Hier könne die Chirurgie mit unterschiedlichen Methoden wie der Liposuktion (Reduktion des Subkutangewebes), mittels Mikrochirurgie (z.B. Gewebetransplantationen und -transpositionen) oder mit Resektionen eingreifen. Ziel der plastischen Chirurgie sei es, in der Behandlung lymphologischer Erkrankungen zu unterstützen, indem z.B. in ausgewählten Fällen die Notwendigkeit zur komplexen Entstauungstherapie gesenkt werden könne. Die Chirurgie könne jedoch nie alleiniges Instrument der Therapie sein, sondern benötige das Zusammenspiel von Physiotherapie und  Chirurgie. 

PD Dr. med. Christian Taeger, Regensburg, erläuterte spezielle mikrochirurgische Rekonstruktionsverfahren bei chronischem Lymphödem. Dabei rückte er besonders die rekonstruktiven Verfahren der Lympho-venöse Anastomosen und den freien vaskularisierten Lymphknotentransfer in den Fokus. Mittels eines Kontrastmittels und einer Fluoreszenzbildkamera könne der Lymphfluss intraoperativ sehr gut dargestellt und die Funktionsweise nach dem Eingriff  kontrolliert werden. Mit beiden Verfahren solle jedoch dezidiert umgegangen werden. Nicht jeder Patient müsse und dürfe operativ behandelt werden. Um gute Ergebnisse erzielen zu können, müssten eine sehr enge Indikationsstellung, engmaschige Patientenbetreuung gewährleistet sein  und die besten Geräte und diagnostischen Verfahren  vorgehalten werden. Zudem sei eine interdisziplinäre und multiprofessionelle Zusammenarbeit, auch  mit Sanitätshäusern, unumgänglich.  

Bewegungstherapie in der Behandlung von Lymphödempatienten spiele eine wichtige Rolle und sollte eine  Säule in der Therapie sein. Physiotherapeuten seien in der Regel gut geschult, um Patientinnen und Patienten anzuleiten und gemeinsam mit diesen ein Grundkonzept zur Bewegung erarbeiten zu können und dabei auch stets beratend zur Seite zu stehen, so Isabell Hoffmann, Ärztin Physikalische Medizin, Charité Berlin. 
In einer praktischen Trainingseinheit wurde veranschaulicht, welche Übungen für die eine Entstauung bei Extremitäten-Lymphödemen geeignet sind.  

Nach der Pause machte Dr. med. Max Liebl, Physikalische Medizin, Charité Berlin, mit seinem Vortrag „Medizinisch-adaptive Kompressionssysteme (MAK) – aktuelle Studienergebnisse zur Volumenmessung“ den Anfang des Blocks Neues aus der Forschung. Zusammen mit Frau Simone Kornappel, ebenso Physikalische Medizin, Charité Berlin, und Dr. med. Anett Reißhauer hat die Arbeitsgruppe   an einer Studie über Medizinisch adaptive Kompressionssysteme gearbeitet und präsentierte die Studienergebnisse zur Volumenmessung. 

In einer randomisiert kontrollierten Studie wurden die Volumenänderung und sekundäre Endpunkte wie Handhabung und Tragekomfort von medizinisch adaptiven Kompressionssystemen, kurz MAK, bei lymphostatischen Extremitätenödem am Unterschenkel in der Therapie- Erhaltungsphase (KPEII) gemessen. 

Als Hauptergebnisse  der Studie stellte Dr. med. Max Liebl heraus, dass MAK in dieser  Phase der Erhaltungstherapie von lymphostatischen Erkrankungen im Bereich der Extremitäten als alternative Kompressionstherapie eingesetzt werden könnten. Anwendung könne die Verwendung von MAK-Systemen z.B. in der Konditionierung vor wiederholter Anpassung  neuer Kompressionsstrümpfe finden und in der Übergangsphase von KPE-Phase I und II. Unabdingbar sei  aber eine gute Einweisung des Patienten in die Verwendung des MAK. 

Simone Kornappel stellte in der Präsentation weiterer Studienergebnisse zu medizinisch adaptiven Kompressionssystemen den variablen Ruhedruck, den maximalen Arbeitsdruck, die Static Stiffness, den Druckgradient und den zeitlichen Druckverlauf in den Fokus. 

Frau Kornappel stellte fest, dass, aus Sicht der Autoren der Studie, MAK in der Erhaltungsstherapie von lymphostatischen Erkrankungen als alternative Kompressionsmittel eingesetzt werden könnten. Jedoch sind die Systeme nicht dazu gedacht, Flachstrickbestrumpfungen zu ersetzen. Sie können lediglich diese imitieren und dort neue Einsatzmöglichkeiten eröffnen, wo Flachstrickkompression passager nicht eingesetzt werden könne. In jedem Fall sollte die Indikation unter Berücksichtigung der beschriebenen Vor- und Nachteile patientenindividuell erfolgen. 

Einem Vergleich zwischen SoftCompress  Schaumstoffbandagehilfe und Standardpolstermaterial in der Komplexen Physikalischen Entstauungstherapie (KPE) der Phase I  beim sekundären, einseitigen, Armlymphödem widmete sich Frau Dr. med. Anett Reißhauer. 

Die von ihr vorgestellte randomisiert kontrollierte Studie untersucht, ob die Anwendung von innovativem, teils vorkonfektioniertem Polstermaterial in der KPE Phase I ähnlich wirksam ist im Vergleich zu üblichen Material.  
Eine Volumenreduktion habe sowohl bei der Referenz- (Standardmaterial) als auch bei der Interventionsgruppe (SoftCompress) stattgefunden, wobei die Differenz bei letzterer größer war. Weiter sei die Umfangsreduktion in den initialen Therapietagen in der Interventionsgruppe schneller gewesen. Im Trend lag eine größere Reduktion des Spannungsgefühls nach der KPE  in der Interventionsgruppe vor.  

Durch innovatives Polstermaterial seien eine raschere Umfangsabnahme und eine deutlichere Reduktion von Spannungsschmerz möglich, womit eine kürzere Behandlungszeit einhergehen könne. Auch möglich sei eine bessere Fibroselockerung durch die unebene Fläche des Materials. Ein wesentlicher ökologischer Faktor wäre, dass durch die Waschbarkeit deutlich weniger Material verbraucht werden würde. Dieser Aspekt unterstützt den wichtigen Gedanken der Nachhaltigkeit. 

Die Flexibilität der Kompressionstherapie in Verbindung mit Bandagierungshilfen und MAK zeigte Frau Christine Hemmann-Moll, Bad Rappenau, anhand einer Live-Demonstration am Patienten. Gerade die Pandemiesituation hätte gezeigt, dass es in manchen Bereichen wichtig sei, umzudenken und vorauszuschauen. Besonders für Ödempatienten müsse die Kompressionstherapie hinterfragt werden – was sei möglich, um Patienten in ihrem Selbstmanagement zu unterstützen? 

Kompressionstherapie scheitere häufig an der Organisation, an Schnittstellen der Therapie wie dem Patienten selbst (Compliance), der Bandagierung und der Kompressionsbestrumpfung (optimale Passform). Deshalb sei es wichtig, dass die Therapie einfach, verständlich und praktikabel sei. Eine effektive Entstauung und Erhaltung sei das oberste Ziel, wobei Patienten mehr im individuellen Selbstmanagement unterstützt werden müssten. Hierzu würden sich laut Frau Hemmann-Moll für eine langfristige Therapie, neben der Manuellen Lymphdrainage (MLD), eine Kombination von Kompressionsstrümpfen in Flachstrick und SoftCompress und MAK, je nach Patientientensituation, sehr gut eignen. An Fallbeispielen wurden die Vorteile und Wirkungsweise von MAK und SoftCompress erläutert und die Handhabung von MAK an einer Patientin live demonstriert. Patienten dürften auf keinen Fall die Therapie abbrechen, weshalb eine Verbesserung und ständige Optimierung der Patientensituation erforderlich sei. 

Dr. med. Anett Reißhauer informierte über ein neues Schulungskonzepte der Arbeitsgruppe mit dem Ziel, das Verständnis für Lymphödemerkrankungen zu verbessern. Ein neuer Ansatz der Schulung für Studierende der Medizin sei es, nicht nur am Krankenbett, sondern auch via E-Learning-Modell zu lernen. Sowohl Anamnese- als auch Befunderhebung und die Vermittlung von physikalisch-therapeutischen Interventionen seien Bestandteil und sollen dabei auch selbst von den Studierenden erfahren werden. Um einen Eindruck zu erhalten, was z.B. eine MLD bedeutet und welche Funktionseinschränkungen aufgrund eines Lymphödems bestehen werden Ödem-simulatoren eingesetzt.  

Als Abschluss der Veranstaltung gab es die Möglichkeit zu einer klinischen Fragerunde und einer offenen Diskussion von Patientenfällen der Teilnehmer. Hierzu wurde Dr. med. Christine Schwedtke, Berlin, live aus der Charité zugeschaltet und stand für Interessierte bereit. 

Die wissenschaftliche Leiterin, die Referentinnen und Referenten und die Veranstalter selbst waren mit der sehr positiven Resonanz auf das erste Online-Symposium zufrieden. In der Hoffnung, zum 10-jährigen Jubiläum wieder einen persönlichen Austausch vor Ort anbieten zu können, laufen die Vorbereitungen für das das 10. Berliner Lymphologische Symposium am 24.04.2021. 

 

Bilder: Juzo;  
Fotograf: Markus Bachmann 

Julius Zorn GmbH

Juzo mit Hauptsitz im bayerischen Aichach wurde 1912 in Zeulenroda (Thüringen) gegründet und beschäftigt weltweit über 1.100 Mitarbeitenden. Mit der Schwesterfirma in den USA und den verschiedenen Tochterfirmen und Vertriebsorganisationen in Europa und Kanada bedient der Hersteller medizinischer Hilfsmittel einen internationalen Markt. Als Spezialist mit über 100 Jahren Erfahrung in der Kompressionstherapie hat Juzo es sich zur Aufgabe gemacht die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten zu verbessern und Beschwerden nachhaltig zu lindern. Dafür produziert das Unternehmen innovative Produkte – größtenteils „Made in Germany“ – aus den Bereichen Phlebologie, Lymphologie, Narbenmanagement und Orthopädie wie Kompressionsversorgungen in Rund- und Flachstrick sowie Bandagen und Orthesen. Neben den Produkten der Fachhandels-Marke Juzo gibt es die Juzo Akademie mit Fortbildungen für den medizinischen Fachhandel, die Marke sportomedix mit hochfunktionellen Produkten für ambitionierte Sportlerinnen und Sportler und die Marke EquiCrown mit medizinischen Kompressionsbandagen für Pferde. Mit Hightech, Handarbeit und Herzblut arbeiten die Mitarbeitenden bei Juzo an innovativen und individuellen Lösungen für mehr Lebensfreude in Bewegung. Weitere Infos unter juzo.de

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